Liebesjubel
Ich ritzt´ es gern in jede Rübe ein,
Ich stampft´ es gern in jeden Pflasterstein,
Ich biss´ es gern in jeden Apfel rot,
Ich strich´ es gern auf jedes Butterbrot,
Auf Wand, Tisch, Boden, Fenster möcht ich schreiben:
Dein ist mein Herz, und soll es ewig bleiben!
Ich schör´ es gern in jede Taxusheck´,
Graviert´ es gern in jedes Eßbesteck,
Ich sät´ es gern als lecker grüne Saat
Ins Gartenbeet mit Kohlkopf und Salat,
In alle Marzipane möcht ichs drücken
Und spicken gern in alle Hasenrücken
Und zuckerzäh auf alle Torten treiben:
Dein ist mein Herz, und soll es ewig bleiben!
Ich möcht´ mir ziehn ein junges Känguru,
Bis daß es sprächt´ die Worte immerzu,
Zehn junge Kälbchen sollen froh sie brüllen,
Hell wiehern hundert buntgescheckte Füllen,
Trompeten eine Elefanenherde,
Ja, was nur kreucht und fleucht auf dieser Erde,
Das soll sie schmettern, pfeifen, quaken, bellen,
Bis daß es dröhnt in allen Trommelfellen
Mit einem Lärm, der gar nicht zu beschreiben:
Dein ist mein Herz, und soll es ewig bleiben!
Nach Wilhelm Müller
Hanns von Gumppenberg, aus: Das Teutsche Dichterross in allen Gangarten vorgeritten. (Parodien) Verl. der Deutsch-Französischen Rundschau, München 1901.
Hanns von Gumppenberg (geboren 4. Dezember 1866 in Landshut; gestorben 29. März 1928 in München) war ein deutscher Dichter, Übersetzer, Kabarettist und Theaterkritiker. Er benutzte die Pseudonyme Jodok und Professor Immanuel Tiefbohrer.
Das Bild ist von Moritz Stifter (1857 - 1905)
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