Dienstag, 24. Januar 2023

Paul Ernst, aus: Polymeter, Gedichte (1898)

 


Ein weiter Glockenton
Aus einem stillen Wald.

Über dunkle Pfade.

(Aus dem Zyklus „Ein Totentanz“)

* * *

Du wanderst durch die betaute Wiese,
Langsam.
Ich sah hinter dir den Streifen im Gras.

(Aus dem Zyklus „Seelenliebe“)

* * *

Eine Wasserrose,
Die aus der Tiefe auftaucht.

Kräuselt sich das Wasser.

(Aus dem Zyklus „Seele“)

Paul Ernst, aus: Polymeter, Gedichte (1898)

Diese drei Gedichte von Paul Ernst werden manchmal als die ersten deutschsprachigen Werke genannt, die sich auf die japanische Haiku-Dichtung beziehen. Sie wurden auch (ohne Leerzeile) in mehrere Anthologien deutschsprachiger Haiku aufgenommen.

Paul Ernst, geboren am 7. März 1866 in Elbingerode/Harz; gestorben am 13. Mai 1933 in St. Georgen an der Stiefing/Steiermark war der Sohn eines Grubenaufsehers. Er studierte in Göttingen und Tübingen Theologie und Philosophie, wechselte 1887 zur Nationalökonomie in Berlin und promovierte 1892 in Bern. Er schloss sich der Arbeiterbewegung an und wurde Mitglied der SPD, aus der er aber 1896 wieder austrat. Seit der Jahrhundertwende lebte er als freier Schriftsteller.

Das Bild ist von Claude Monet (1840 - 1926)

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